12.11.18

Die Kunst der kleinen Schritte

Die Herbstsynode des Evangelischen Kirchenbezirks Bernhausen hat getagt.

Die Tagesordnung der Bezirkssynode des Evangelischen Kirchenbezirks Bernhausen war randvoll, von Kindergarten bis Diakoniestation, von Inklusion bis Finanzplanung. Doch am Anfang stand das Gedenken an die Reichspogromnacht vor 80 Jahren.

Zur Erinnerung an die Zerstörung der Synagogen läuteten in vielen Kirchen die Glocken. Dazu gehörte immer eine Andacht. Im Kirchenbezirk Bernhausen traf sich das Kirchenparlament an diesem Abend in der modernen, leider glockenlosen Petruskirche in Filderstadt-Bernhausen. Dafür fielen die Worte von Dekan Rainer Kiess beim Gedenken umso deutlicher aus: Er könne nicht verstehen, dass angesichts der entsetzlichen Gräueltaten der Nationalsozialisten ein Parteivorsitzender heute sagen könne, Hitler und die Nazis seien „nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“ gewesen. „Was für eine kontaminierte Sprache ist das, wenn aus derselben Ecke von ‚Umvolkung‘ oder ‚Entvolkung‘ durch Geflüchtete und Migranten gesprochen wird!“

Es könnte sein, dass einige Leute aus Mühlacker beim Stichwort „Bernhausen“ etwas grummeln: Haben ihnen die von den Fildern doch ihre Kirchenpflegerin weggeschnappt. Sabine Rettinghaus übernahm zum 1. November die Geschäftsstelle für die Kindertagesstätten im Kirchenbezirk. Die gebürtige Mainzerin stellte sich der Synode als „Diplom-Theologin mit Faible für Verwaltung“ vor. Zur Entlastung von immer mehr Vorschriften haben sich die meisten Kirchengemeinden auf den Fildern entschlossen, die Trägerschaft ihrer Kindergärten ab 2019 an den Bezirk zu übertragen, dafür bezahlen sie an diesen eine Umlage. Von 65 Gruppen sind zu Beginn mindestens 45 dabei.

Zum 1. Januar ist ein weiterer Wechsel geplant: Die Wohnungen für Schwangere in Not, die der Kirchenbezirk vorhielt, sollen an den Kreisdiakonieverband gehen. Damit wird die professionelle Begleitung der Frauen verbessert. Die Ehrenamtlichen, die sich bisher für die Frauen einsetzen, machen weiter, erhalten aber nun hauptamtliche Unterstützung.

220 Angestellte, etwa 120 Helfer und 66 Autos im Einsatz: Das sind drei Kennzahlen der Diakoniestation auf den Fildern. Im Sommer gab es bei der Prüfung durch den Medizinischen Dienst überall die Bestnote 1,0, die Finanzen sind solide und Geschäftsführerin Christine Beilharz sah neben vielen hervorragenden Mitarbeitern auch die „fürsorgliche Hand Gottes“ am Werk. Ein neues Angebot ist die Tagespflege im Zentrum von Echterdingen, bei der es derzeit noch freie Plätze gibt. Im aktuellen Jahr wurden neue Mitarbeiter gefunden, das war auch nötig, denn der Überstundenberg ist hoch.

Der Kirchenbezirk braucht noch einen neuen Mitarbeiter: Gesucht wird ein Nachfolger für Dekan Rainer Kiess, der im Sommer 2019 in den Ruhestand geht. Dieser Nachfolger wird zugleich Pfarrer in Bernhausen. Im Januar 2019 trifft sich zum ersten Mal das Besetzungsgremium.

Gut getroffen hat es der Kirchenbezirk bei den Finanzen. „Wir freuen uns über sprudelnde Kirchensteuereinnahmen. Sie gleichen die Tarifsteigerungen bei den Mitarbeitern aus“, sagte Kirchenbezirksrechner Lothar Stäbler. Weniger gut waren seine Nachrichten beim Neubau des Waldheims, die Schlussabrechnung ist fast fertig. Das Budget von einer Million Euro wurde, vor allem durch Überraschungen beim Abriss, mit 1,25 Millionen klar überschritten. „Wir werden die Beteiligten um einen Nachschlag bitten müssen“, sagte Stäbler.

Einen Nachschlag soll es auch bei der Inklusion geben, Jonas Kabsch vom Diakonischen Werk Württemberg stellte den Aktionsplan „Inklusion leben“ vor. Ein neuer Fonds unterstützt die Kirchengemeinden mit bis zu 60 000 Euro. Dabei kann es um den Gebärdensprach-Dolmetscher für den Konfirmandenunterricht gehen oder um die neue Induktionsschleife. „Es geht um die Kunst der kleinen Schritte“, sagte Jonas Kabsch und ermutigte zum Gespräch mit Selbsthilfegruppen.