10.07.17
Andrea Wohlfahrt hat die Leitung der Diakonischen Bezirksstelle Filder übernommen
Was will man mehr? Andrea Wohlfahrt, Grund- und Hauptschulpädagogin aus Esslingen, war in die freie Wirtschaft gewechselt und hatte Karriere gemacht. Für ein Unternehmen, das sich um Berufskleidung und Wäsche für Hotels und Heime kümmert, leite sie in Landsberg/Lech eine Niederlassung mit 100 Mitarbeitern, fast so frei wie in der eigenen Firma. „Ich habe gemerkt, dass ich leiten und motivieren kann“, sagt sie, die Niederlassung lief gut. Trotzdem wagte sie 2011 den Neubeginn. „Der soziale Aspekt hat mir gefehlt“, sagt sie heute.
So kam sie zurück in ihre Heimat und zum Kreisdiakonieverband Esslingen. Dort lernte sie schnell, um Finanzierungen zu kämpfen. „Was in der freien Wirtschaft geht, das funktioniert hier nicht“, merkte sie. Kurz nach ihrem Antritt kam es knüppeldick, wegen hohen Verlusten drohte der Fildertafel die Schließung. Sie knüpfte Kontakte, warb um Unterstützung und fand sie. „Ich bin eine sehr hartnäckige Person“, sagt Wohlfahrt von sich selbst.
Nun kam sie aus der Elternzeit zurück und hat zum 1. Juli die Leitung der Diakonischen Bezirksstelle Filder übernommen. Sie tat dies ohne eigenen Schreibtisch und nimmt es mit Humor. Denn durch immer neue Aufgaben, wie etwa die Schuldnerberatung für Jugendliche, und durch immer mehr Mitarbeiter platzen die Büroräume in der Scharnhäuser Straße in Filderstadt-Bernhausen aus allen Nähten. Mittelfristig wünscht sich die neue Leiterin mehr Platz, langfristig hat sie einen Traum: Fildertafel, Diakonische Bezirksstelle und Psychologische Beratung an einem Ort, um Menschen so direkt und unkompliziert wie möglich helfen zu können. Sie berät auch selbst Klienten, die Arbeit an der Basis ist ihr wichtig.
Was sie auf den Fildern schätzt, ist die breite Unterstützung für die Diakonie. Für diese ist auch ihr Vorgänger Dietmar Bauer-Sonn voll des Lobes, ob sie nun von den Städten, dem Evangelischen Kirchenbezirk Bernhausen, dem Lions Club oder anderen Stellen kommt. Viele Mitarbeiter und Berater, oft im Ruhestand und beruflich hoch qualifiziert, seien „sehr treue Ehrenamtliche“, sagt Bauer-Sonn. Er konzentriert sich fortan auf die Leitung der Diakonischen Bezirksstelle Esslingen und seine Verwaltungsaufgaben im Kreisdiakonieverband, bevor im Mai 2018 die passive Altersteilzeit folgt.
Knapp elf Jahre lang hat er die Diakonische Bezirksstelle Filder geleitet, in Esslingen ist er schon seit 1982 tätig. Er hat das Projekt zur Hilfe beim Schulstart und die Konfirmandenrallye begonnen, bei der Konfirmanden diakonische Einrichtungen besuchen. Den 2005 gegründeten Kreisdiakonieverband hält er „für ein Erfolgsmodell“.
Diakoniepfarrer Hans-Ulrich Winkler lud Wohlfahrt sofort zu zwei Gottesdiensten ein. „Wir brauchen die Impulse der Diakonie, damit wir sehen, welche Ränder die Gesellschaft hat.“ Diese Ränder, die die Managerin früher selbst nicht sah, will sie nun in die Mitte der Gesellschaft holen. Besonders hat sie die Langzeitarbeitslosen im Blick: „Sie haben keine Lobby.“ Manche bräuchten eine Chance in der Wirtschaft. Für andere, die das nicht schafften, müsse es dauerhaft eine öffentlich geförderte Beschäftigung geben.
Peter Dietrich, Wernau