08.07.19

Da ist er auch nicht anders

Musikalische Verabschiedung von Dekan Rainer Kiess

Christa KIess, Dekan Rainer Kiess, OB Christoph Traub, Prälatin Gabriele Arnold

Pop- und Gospelchor

Dekane im Landkreis Esslingen: Bernd Weißenborn, Rainer Kiess, Renathe Kath, Michael Waldmann

Siebzehneinhalb Jahre war Rainer Kiess Dekan im Evangelischen Kirchenbezirk Bernhausen, Ende August geht er in den Ruhestand. Bei seiner Verabschiedung war die zweischiffige Jakobuskirche in Bernhausen dicht besetzt. Es war eine knapp zweistündige Feier ganz nach Wunsch des Dekans: wenig Reden und viel Musik.

Vielfalt war Trumpf: Sehr festlich spielte das Bläserensemble unter Leitung von Ernst Fuhr, Bezirkskantor Sven-Oliver Rechner an der Orgel mixte das Vorspiel zum Gemeindelied „Der Herr ist gut, in dessen Dienst wir stehn“ mit „Muss i denn zum Städtele hinaus“, der Pop- und Gospelchor unter Leitung von Carolin Stäbler bot wie vom Dekan bestellt „ebbes, wo es auf den Sitzen vibriert“ und die sieben männlichen „White Gospel Voices“ mit ihrem Pianisten klangen gar nicht mehr so weiß, sondern richtig schwarz.

Die Kurzweiligkeit der Feier lag auch an den überdurchschnittlich spritzigen Redebeiträgen. Christoph Killgus, Vorsitzender der Bezirkssynode, fragte nach, ob Prälatin Gabriele Arnold Kiess tatsächlich schon entpflichten könne – oder ob ihm dann die Pfarrkollegen bis Ende August auf der Nase herumtanzten, wenn er gar nicht mehr Dekan sei? Arnold löste das Problem auf ihre Weise: Sie würdigte Kiess‘ „Leidenschaft für Jugendarbeit und sein diakonisches Herz“ und betonte, die Früchte seiner Arbeit würden bleiben. Sie hatte auch Geschenke mitgebracht, unter anderem einen Engel, sagte aber: „Die richtige Entpflichtung gibt es jetzt noch nicht, er muss noch acht Wochen arbeiten.“

Wie Dekan Kiess gearbeitet hat, schilderte Killgus an Beispielen: Er habe den Neubau des Ferienwaldheims Bernhäuser Forst derart unterstützt, dass das ein Schild „Rainer-Kiess-Ferienwaldheim“ verdiene. Er beschrieb Kiess als „menschenzugewandt, verständnisvoll, zuhörend, unterstützend, bescheiden, freundlich, humorvoll und unkompliziert“. „Sie leben als einer, dem man abspürt, der ist von diesem Jesus beschenkt. Deshalb können Sie auch andere beschenken mit Zeit und Zuwendung und großer Geduld.“

Harald Alber, Kirchengemeinderatsvorsitzender in Bernhausen, war erkrankt. So wurde sein Grußwort, in dem er Kiess‘ „großen Einsatz, sein Fleiß und seine Visionen“ würdigte, verlesen. Er würdigte auch Christa Kiess, der unter anderem die Bezirkssynode ihre stets hervorragende Verpflegung verdankte. Dekan Kiess dankte seiner Frau Christa ebenfalls aus vollem Herzen „für ihre hervorragende Unterstützung während 39 Berufsjahren“.

Oberbürgermeister Christoph Traub sagte, auf einer Rednerliste mit dem Dekan zu stehen, sei nicht einfach. „Ich habe immer gehofft, vor ihm und seinen wortgewaltigen Zitaten zu kommen.“ Diesmal habe seine Internetsuche mit „Verabschiedung + Dekan + Grußwort + Oberbürgermeister“ leider nichts geholfen. Fünf der sieben ersten Treffer hätten auf genau diese Feier verwiesen, und dort sei noch nichts hinterlegt gewesen. Die Suche nach dem kirchlichen Wochenlied habe auch nichts gebracht, es sei „Jesus nimmt die Sünder an“. Doch nach allem Spaß wurde Traub gegenüber Kiess auch persönlich: „Sie scheuen sich nicht, wenn Sie eine Idee haben, hartnäckig zu sein. Sie sind ein Ermöglicher, wie er im Buche steht.“

Der Nachfolger von Dekan Kiess, Gunther Seibold, tritt seinen Dienst erst im Januar 2020 an. Von September 2019 bis Jahresende übernimmt Pfarrer Andreas Streich  die Stellvertretung. Sein versprochener Einblick über die Arbeit mit Dekan Kiess hinter den Kulissen fiel sehr kurz aus: „Da ist er auch nicht anders, immer mit zwei offenen Ohren.“

Am Ende erklärte Kiess angesichts von so viel Lob, er fühle sich wie die Bäuerin vom Härtsfeld, die das erste Mal staunend das Ulmer Münster erblickte und sagte: „Alles was recht ist, aber das ist übertrieben.“ Nach viel Dank in alle Richtungen bat er seine Kirche, am Wort Gottes festzuhalten. „Dieses Wort hat mich getragen, auch in den schwersten Stunden meines Lebens.“

Nach ebenfalls schwerer Wohnungssuche ist Dekan Kiess nun in Bernhausen selbst fündig geworden, wird mit seiner Frau also vor Ort bleiben und nun mehr Zeit für die Familie – drei Kinder, sechs Enkel – haben. Die meisten Besucher blieben ebenfalls noch, zum großen Ständerling auf der gesperrten Straße am Pfarrberg.